Sonntag, 8. Juni 2014

Reicht "Schäfchenzählen" nicht mehr?


Interview
mit Dr. Heiner Thalmann, Facharzt für Allgemeinmedizin, Neheim

In der Werbung sind immer öfters frei verkäufliche Medikamente gegen Schlafstörungen zu finden. Reicht das „Schäfchenzählen“ nicht mehr? Schlafen wir weniger? Informationen und Tipps dazu gibt nachstehend der Fachmann.

Frage: Die Anhäufung der Werbung für frei verkäufliche Mittel gegen Schlafstörungen fällt auf. Ist wirklich eine Steigerung dieses Problems feststellbar?
Dr. Thalmann: Es kommen tatsächlich viele Patienten mit Schlafstörungen zu mir. Manchen fehlt vielleicht die Gelassenheit, im Bett ruhig zu entspannen und setzten sich unter Druck. Wenn Sie tagsüber nicht besonders müde sind liegt gar keine Schlafstörung vor. Das heißt also: keine Tagesmüdigkeit – keine Schlafstörung, auch wenn es manchmal schwer ist, die Nacht rumzukriegen.

Frage: Wieviel Schlaf benötigen wir überhaupt? Sind die Anteile bei Frauen und Männern gleich und spielt das Alter oder die Arbeitsbelastung eine Rolle?
Dr. Thalmann: Das hängt stark vom Alter ab. Kleinkinder schlafen auch schon mal 18 Stunden pro Tag, Ältere brauchen oft nur vier bis sechs Stunden. Nach meiner Erfahrung schlafen Männer grundsätzlich tiefer und länger als Frauen. Wenn man tagsüber und beim Fernsehen schon etliche Minuten geschlafen hat, wird die nächtliche Schlafdauer noch kürzer. Besser ist es, körperlich aktiv zu sein und spazieren zu gehen.
Frage: Was ist von den Mondphasen zu halten? Hat der Vollmond tatsächlich Auswirkungen auf unseren Schlaf?                                                                                     Dr. Thalmann: Es gibt tatsächlich wissenschaftliche Studien, die einen Zusammenhang zwischen Schlafstruktur und Mondphasen nachweisen.


Frage: Welche Möglichkeiten kann der Schlafgestörte nutzen, um einen erholsamen Schlaf zu finden? Gibt es über das „Schäfchenzählen“ hinaus, weitere natürliche Möglichkeiten ausgeruht aufzuwachen?                                                                                                         
Dr. Thalmann: Schafe zählen ist gut, manche gehen auch das Alphabet durch und stellen sich bei jedem Buchstaben ein passendes Tier vor. Oder hören Sie doch jeden Abend die gleiche, angenehme Musik (Kofferradios mit CD-Player sind nicht teuer). Wie wäre es mit nächtlichem Puzzles oder Rätseln?                                                                                   
Drehen Sie den Wecker um! Ihr Apotheker kennt sicher viele natürliche Heilmittel: Tees oder Tabletten mit Baldrian, Melisse, Hopfen, Passionsblume, Lavendel und Johanniskraut können helfen. Ganz wichtig: Gehen Sie nicht ins Bett, um zu schlafen, sondern genießen Sie Entspannung, Wärme und körperliche Ruhe, die Sie nach einem Tag voller Belastungen verdient haben.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Wolfgang Rochna

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