Samstag, 2. März 2013

Sind die „Alten“ die Zukunft der Gemeinde?



Von Dr. Udo Arnoldi, ev. Parrer der ev. Kirchengemeinde Neheim

Diese mir vom seniorTrainer Wolfgang Rochna vorgegebene Frage will ich gerne als Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Neheim beantworten.
Wenn ich auf die Zahlen blicke, lautet die Antwort: Ja. Denn die Anzahl der über 70-Jährigen hat sich in unserer Gemeinde in 33 Jahren verdreifacht (1979: 300; 2012: 897). Das sind inzwischen rund 20 statt 7 % der Gemeindeglieder. Diese Entwicklung hält an. Denn die durchschnittliche Lebenserwartung steigt. Inzwischen haben wir schon 55 über 90-jährige Gemeindeglieder.
Wenn ich in die Heilige Schrift schaue, lautet die Antwort: Nein. Denn die Zukunft der Gemeinde, ja der ganzen Kirche ist Jesus Christus. Seine Wiederkunft erwarten wir. Ihm ziehen wir entgegen.  Ja, mit ihm sind wir verbunden, wie der Apostel Paulus lehrt: Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus. (Gal 3,28)
Diese geglaubte Einheit in Vielfalt hat unsere Gemeinde in ihrer Konzeption festgehalten: In der Gemeinde spiegeln die unterschiedlichen Menschen Gottes Ebenbild wider, seien es Junge oder Alte, Männer oder Frauen, Kranke oder Gesunde, Reiche oder Arme, Fröhliche oder Traurige, Arbeitende oder Arbeitslose, Einheimische oder Zugereiste. Und so versucht die Gemeinde, ihren Glauben entsprechend ihrer Konzeption umzusetzen. Das heißt auf die alten Menschen bezogen:
Ja, ihr gehört zu unserer Gemeinde. Ihr seid eingeladen, zu kommen, an unserer Gemeinschaft mit Jesus Christus teilzuhaben und, wenn ihr wollt, euch mit eurer ganzen Lebenserfahrung und euren Gaben einzubringen.
Diese Einladung wird von vielen alten Menschen angenommen. Sie kommen in die Gottesdienste und in die Gruppen wie den Seniorenkreis, die Frauenhilfe, den Handarbeitskreis. Sie kommen zu Festen und Konzerten. Sie kommen zu Veranstaltungen, die extra für sie angeboten werden, z.B. die Seniorenadventsfeier und den Seniorenausflug. Und sie kommen auch gerne zu Veranstaltungen, an denen junge und alte Gemeindeglieder teilnehmen: zum Gottesdienst für Groß und Klein, zur Taufe, Konfirmation und Trauung ihrer Enkelkinder. Einige sind sogar bereit, sich bis ins hohe Alter zu engagieren. Mehr als 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Gemeinde sind über 70 Jahre alt. Ich kann mit voller Überzeugung sagen: Die alten Menschen sind nicht erst die Zukunft, sie gehören zur Gegenwart der Gemeinde.
Das gilt auch für die alten Menschen, die Not leiden. Manche erhoffen sich von der Gemeinde Unterstützung. Einige leiden unter materieller Not. Ihnen wird mit dem im Klingelbeutel gespendeten Geld geholfen. Andere leiden unter körperlicher und seelischer Not. In einem Besuchsdienst gratulieren ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter allen 70- und über 75-jährigen Jubilaren zum Geburtstag. Alle besonderen Angebote für Senioren wollen den Menschen im Alter Gelegenheiten zur christlichen Gemeinschaft bieten: der Seniorenkreis, der sich einmal im Monat trifft; der Seniorenausflug, der im Sommer ein attraktives Ziel mit dem Bus ansteuert; die Seniorenadventsfeier, in der die Geburt Jesu Christi erinnert und seine Wiederkunft erwartet wird; auch das Hausabendmahl, das mit alten Menschen gefeiert wird, die nicht mehr in die Kirche kommen können. So sucht die Gemeinde zu leben, was sie sich in ihrer Konzeption vorgenommen hat: Gottes Geist treibt die Gemeinde dazu, Gemeinschaft zu werden. Das heißt: Die Gemeindeglieder leben in Kontakt miteinander, generations- und gruppenübergreifend. Sie fühlen sich füreinander verantwortlich. Sie beten mit- und füreinander. Sie setzen sich füreinander ein. Sie teilen miteinander: ihren Glauben, ihre Zweifel, ihre Fähigkeiten, ihre materiellen Mittel, ihre Verantwortung, Freude und Leid. Sie freuen sich an dieser Gemeinschaft. Sie heißen Menschen, die neu dazukommen, willkommen.

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